Was soll ich zum Gerichtstermin Anziehen?
Jeder Anwalt kennt das, manche Mandanten möchten gerne wissen, wie sie sich zum Gerichtstermin kleiden sollen. Die Frage ist auch vollkommen berechtigt, denn es kann - wie überall - auch vor Gericht nur von Vorteil sein, einen guten - vor allem aber einen ehrlichen - persönlichen Eindruck zu machen. So blind ist Justitia denn doch nicht, dass man es sich vor Gericht leisten kann, die Kleiderfrage völlig zu vernachlässigen. Schließlich sind Richter auch nur Menschen. Überbewerten sollte man das Thema Kleidung aber nicht. Wer sich ganz normal anzieht, kann hier nicht viel falsch machen.
Nur Anzugträger ziehen auch vor Gericht einen Anzug an. Es würde respektlos wirken, wenn beispielsweise der Vorstandsvorsitzende einer Bank vor dem Richter in Jeans und T-Shirt erscheint. Menschen, die allenfalls zu Hochzeiten und Beerdigungen einen Anzug anziehen, sollten es vor Gericht jedoch nicht tun, das wirkt aufgesetzt. Es empfiehlt sich nicht, sich für einen Gerichtstermin übermäßig schick zu machen. Vor Gericht ist eher Bescheidenheit angesagt. Einen authentischen und damit einen ehrlichen Eindruck macht man am besten in schlichter Kleidung, in der man sich wohlfühlt und in der man alltäglich am öffentlichen Leben teilnimmt. Der Sonntagsanzug bleibt im Schrank, und der Jogginganzug möglichst ebenfalls.
Die Kleidung sollte zum Wetter und zu den Temperaturen passen. An heißen Tagen gehen auch kürzere Hosen oder Röcke. Ansonsten hält man sich hier lieber bedeckt - das Gericht ist nicht der richtige Ort, um sich eine Blöße zu geben. Spaghettiträger-Tops, Badesachen und ähnlich freizügige Kleidungsstücke wirken in den meist eher kühlen Gerichtsgebäuden fehl am Platz. Gegen ein einfaches T-Shirt ist jedoch im Allgemeinen nichts einzuwenden. Auch eine saubere Jeans geht in Ordnung. Eine Jogginghose muss es nicht unbedingt sein, aber für Leute, die gar nichts anderes im Schrank haben, kann sie wiederum das passende Kleidungsstück sein. Und das ist ja für den Auftritt vor Gericht das Entscheidende - dass die Kleidung zum Menschen passt. Wer direkt von der Arbeit zum Gerichtstermin kommt, kann auch durchaus in seiner Berufskleidung erscheinen.
Wichtig ist, dass die Kleidung auch zu dem Anliegen passt, welches man vor Gericht trägt. Wer beispielsweise vor dem Sozialgericht um sein Recht kämpft wegen einer Erkrankung, die es einem im Prinzip unmöglich macht, sich ordentlich anzuziehen, sollte genau das auch den Richter sehen lassen. In solchen Fällen ist es nicht nur sinnlos, sich - mit fremder Hilfe - besonders herauszuputzen, sondern geradezu schädlich für den Prozessgewinn.
Fazit: Vor Gericht kleiden wir uns so, wie wir eben sind - ohne Übertreibungen und ohne Untertreibungen. (Wir Anwälte ziehen dann noch einfach unsere Robe darüber.)
Dr. Sybille Weber
Rechtsanwältin