Wenn Sie vor Gericht Aussagen müssen
Gerichtstermine sind für alle Beteiligten ein aufregendes Ereignis, besonders aber für solche, die noch nie vor Gericht standen und sich nun als Prozesspartei, als Zeuge oder gar als Angeklagter äußern sollen. Es ist immer sinnvoll, sich hierzu im Vorfeld ein paar Gedanken zu machen.
Falls möglich, lassen Sie am besten Ihren Anwalt oder Ihre Anwältin sprechen. Rechtsanwälte wissen, was von Rechts wegen vorgetragen werden muss und wie es vorzutragen ist. Vor allem aber wissen gute Rechtsanwälte auch, was und wie NICHT vorzutragen ist. Leider kommt es vor Gericht recht oft vor, dass Menschen sich buchstäblich um Kopf und Kragen reden, weil sie die rechtlichen Zusammenhänge und Konsequenzen nicht überblicken können. Also, wenn Sie einen Anwalt haben, beraten Sie sich mit ihm, ob Sie selbst etwas zur Sache sagen oder besser schweigen sollten.
Aber nicht immer ist die Situation so, dass man einen Rechtsanwalt für sich sprechen lassen kann. Beispielsweise als Zeuge muss man selbst aussagen. Viele Mandanten haben mich schon gefragt:
Wie soll ich den Richter oder die Richterin anreden? Meine Antwort: Am besten gar nicht.
Die korrekte Anrede lautet "Herr Vorsitzender" oder "Frau Vorsitzende", aber das müssen juristische Laien nicht wissen und wirkt vermutlich eher abgebrüht. Es ist nicht üblich, die Beteiligten eines Gerichtsverfahrens mit ihren Nachnamen anzusprechen. Sie können "Herr Richter", "Frau Richterin", "Herr Staatsanwalt", "Frau Staatsanwältin", "Herr Rechtsanwalt" und "Frau Rechtsanwältin" sagen. Sie können es aber auch lassen und die direkte Anrede einfach vermeiden.
Im Übrigen gilt: Sie dürfen sprechen, wenn Sie vom Gericht dazu aufgefordert werden. Wenn Sie etwas sagen möchten, wenden Sie sich am besten zuerst an ihren Anwalt, bevor Sie laut das Wort ergreifen. Unterbrechen Sie in keinem Fall die Vernehmung eines anderen Beteiligten oder Zeugen. Der Richter leitet die Verhandlung und hat dafür zu sorgen, dass alle zu Wort kommen, jedoch nacheinander und nicht gleichzeitig. Wer höflich um das Wort bittet, wird es auch erteilt bekommen.
Auch wichtig: Sie müssen nicht alles im Kopf haben. Sie dürfen sich gern als Gedächtnisstütze Unterlagen mitbringen und diese während Ihrer Aussage zu Rate ziehen. Das macht einen guten Eindruck und trägt zur Glaubhaftigkeit der Aussage bei.
Dr. Sybille Weber
Rechtsanwältin